Prof. Dr. Dr. Rudolf Kesselring


(∗ 16.07.1884 in Neu-Cruśno, † 14.10.1961 in Pfronten / Allgäu)

Josef (Sepp) Müller und Prof. Dr. Dr. Rudolf Kesselring

Nach dem Studium der Theologie und Philosophie an den Universitäten Wien, Leipzig und Halle (1903-1907) wurde er 1907 Superintendentialvikar bei Superintendent Fritsche in Biala und Vikar (1908-1909). Danach war er Pfarrer der evangelischen Gemeinde Lemberg (1908-1929), Religionslehrer des I. und II. Staatsgymnasiums und des evangelischen Gymnasiums in Lemberg; 1929 Militärpfarrer und von 1932 Professor für systematische Theologie an der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität in Warschau.

 

Kesselring promovierte 1910 zum Dr. phil. und 1928 zum Doktor der Theologie. Er war ein fähiger und gebildeter Mann. Nach Aussagen von Zeitzeugen überragte er viele andere Pfarrer mit seinen Fähigkeiten und Wissen um Haupteslänge. Mit seinen auf sehr hohem Niveau stehenden Predigten hatte er schnell die Herzen seiner Gemeindeglieder erworben, denen er über 20 Jahre aufopferungsvoll diente. Er beteiligte sich auch heimatkundlich und schriftstellerisch, verfasste eine Reihe von, für das Galiziendeutschtum wichtige, Schriften sowie mehrere deutsche und polnische kirchenpolitische Arbeiten über die Toleranz und die Einigungsbestrebungen der evangelischen Kirchen in Polen. Von großer Bedeutung ist sein historisches Werk „Die Evangelische Kirchengemeinde Lemberg von ihren Anfängen bis zur Gegenwart 1778-1928“.

 

Doch die Verhältnisse in der Lemberger Gemeinde waren kompliziert und schwieriger als in den Landgemeinden. Die Polonisierung war weit fortgeschritten, und Kesselring bezog keinen klaren Standpunkt in der Auseinandersetzung mit den polnischen Protestanten, die nach der Macht in der Lemberger Gemeinde strebten. Dazu kam die Auseinandersetzung mit Zöckler, gegen den er offenbar keine Chance sah und sich noch deutlicher der polnischen Meinung anschloss. So wurde er aus der Lemberger Gemeinde gedrängt und hätte doch noch so viel Positives und Gutes für die Galiziendeutschen leisten können, vielleicht sogar –  weil er im Gegensatz zu Zöckler auch die polnische Sprache meisterhaft beherrschte und von den Polen geschätzt wurde – Mittler und Brücke zwischen Polen und Deutschen sein können.

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