Gymnasialprofessor Jakob Valentin Rollauer


(∗ 26.11.1881 in Lemberg, † 01.09.1963 in Stuttgart)

Gymnasialprofessor Jakob Valentin Rollauer.Der deutsch-evangelische Professor, der nach dem Besuch des II. k. k. Staatsgymnasiums in Lemberg an der k. k. Franzens–Universität Lemberg deutsche Sprache und Literatur studierte und sich außerdem in die Philosophie, Altphilologie und die Altertums-geschichte vertiefte, suchte nach dem Studium in den Künstlerkreisen Lembergs das, was ihm das damals noch nicht organisierte Deutschtum Galiziens nicht bieten konnte, und zwar Anregung durch Umgang und Austausch mit geistig hochstehenden Menschen verschiedener Sprachen, Religionen und politischer Ausrichtung. Den gewonnenen Eindrücken und Erkenntnissen verdanken einige spätere Schöpfungen Rollauers ihren Ursprung. Diese „Künstlerjahre“ wurden für sein späteres Leben und geistiges Schaffen von ausschlaggebender Bedeutung. Die Lemberger deutsche Liebhaberbühne, die er 1917 ins Leben rief, war die Frucht seiner Beschäftigung mit dem Theater und der dramatischen Dichtkunst, die 1924 erschienene Erzählung „Schattenspiel“, ein Spiegel seiner Suche nach neuen Ausdrucksformen künstlerischer Betätigung, die das Kulturleben der Deutschen nachhaltig beeinflusste.

 

Das Wichtigste und Wertvollste lieferte Rollauer durch seine sprach- und literaturwissenschaftlichen Forschungen. Als seine Hauptarbeit der unzähligen Galizienbeiträge gilt seine Deutschösterreichische Literaturgeschichte (1935 und 1937), in der er die gesamte deutschsprachige Literatur Galiziens der vergangenen zwei Jahrhunderte behandelte, darunter auch die Werke jüdischer und anderer Autoren – eine wissenschaftlich fundierte, auch das deutsche Theaterwesen in Galizien mit einschließende Untersuchung, wie sie niemand vor und nach ihm geschrieben hat. Der erste Weltkrieg setzte Rollauers „Wanderjahren“ ein Ende.

 

Für den nach Sibirien verschleppten Dr. Ludwig Schneider übernimmt er für mehrere Jahre die Leitung des „Bundes der christlichen Deutschen“ und versucht, die durch den Krieg zerrissenen Fäden zwischen den über 100 Bundesortsgruppen wieder neu zu knüpfen. Auch schafft er es, das seit August 1914 eingestellte „Deutsche Volksblatt für Galizien“ im April 1916 wieder erscheinen zu lassen und bis Ende 1918 zu halten. Ja, es gelingt ihm sogar, die Tradition des seit 1909 unter Redaktion des Gründers des „Bundes“ Josef Schmidt jährlich erscheinenden Kalenders „Zeitweiser“ des „Bundes“ wieder aufzunehmen und die Jahrgänge 1916 bis 1919 herauszubringen und die Volkstumsarbeit auch während des Krieges fortzuführen.

 

1918 gründet Rollauer mit dem aus Sibirien zurückgekehrten Ludwig Schneider das deutsche private Gymnasium für Knaben und Mädchen in Lemberg. Fünf Jahre leitet er, zusammen mit Schneider, die Anstalt, bis ihnen die polnischen Behörden die Leitung und Unterrichtserlaubnis entziehen. Ab 1936 übernahm er wieder die Leitung bis 1939.

Zwischendurch, nach der Besetzung Galiziens durch die Polen, im Jahre 1918/19, wurde Rollauer Mitbegründer der Dom-Verlagsgesellschaft und damit auch Mitherausgeber des „Ostdeutschen Volksblattes“ und arbeitete im Vorstand des zunächst wieder eingestellten, dann jedoch reaktivierten „Bundes der christlichen Deutschen“ mit, bis dieser von den polnischen Behörden im April 1923 aufgelöst wurde.

 

Jakob Rollauer starb am 1. September 1963 im 82. Lebensjahr, und mit ihm ist eine der markantesten Persönlichkeiten der deutschen Volksgruppe dahingegangen. Darüber hinaus auch eine der hervor-ragendsten Erscheinungen des galizischen Raumes überhaupt, der in der neueren Zeit nur vereinzelte Persönlichkeiten aufzuweisen hat, die in deutscher und polnischer Sprache schrieben und publizierten. Er war ein Mittler zwischen Deutschtum und den anderen das Land bewohnenden Nationalitäten. Er hat wie kaum ein anderer das geistige und politische Gesicht seiner Landsleute mitgeprägt.

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